Dieser Blog ist über mich, Birgit KOBER, ein Mitglied der Deutschen Nationalmannschaft (Behindertensport) und ich bereite mich auf die Paralympics in Rio 2016 vor.
In diesem Blog lasse ich Sie an meinen Höhen und Tiefen im letzten Jahr vor diesem Großereignis teilhaben, an meinem persönlichen COUNTDOWN für RIO 2016.

Sonntag, 27. März 2016

Bericht Trainingslager und Wettkampfserie VAE (Sharjah und Dubai) - 164 bis Rio 2016

Es  ist Ostersonntag, ich bin seit ein paar Tagen zurück aus dem Trainingslager und den Wettkämpfen in den Vereinigten Arabischen Emiraten (Sharjah/Dubai) und habe heute Zeit, ausführlich von dieser anstrengenden, aber auch für mich erfreulichen Zeit zu berichten. 


Ich kann nur nochmals betonen, wie wertvoll die Zeit in Rio gewesen ist, dass ich meine Schulter sehr schnell nach der OP mit Hilfe der dortigen Möglichkeiten mobilisieren konnte, und wer eine lange Verletzungspause durchlebt hat weiß auch, wie wichtig es ist, dass man "in sich" wieder aufgebaut wird. Ohne die Wochen in Rio hätte ich das wahrscheinlich nicht geschafft. 

So gestärkt bin ich dann auch ins Trainingslager, zur Klassifizierung und zu den Wettkämpfen in den VAE geflogen. Wir haben wieder im Centro Hotel in Sharjah (gleich neben dem Flughafen) gewohnt und das ist eine tolle Unterkunft für ein Trainingslager. 

Constanze (Wedell) war zum ersten Mal meine Begleitperson, hatte sich sehr kurzfristig bereit erklärt, diesen Part noch zu übernehmen. Dafür bin ich sehr dankbar! 

Das Stadion Sharjah ist ein sehr angenehmer Trainingsort. Für uns als Werfer, ebenso für die Rollstuhlschnellfahrer, weil sie dort eine Mondo-Bahn (härtere Tartan Bahn) haben. Die Temperaturen sind meist angenehm. Zuweilen schon sehr warm, aber dann mit einem leichten Wind. Nur ab und an drückend. Wenn ich mir vorstelle, wir würden hier bis Mai warten, um endlich die ersten Stöße im Freien machen zu können, das wäre fatal! 

Ich konnte zwar aufgrund meiner Schulterverletzung (plus OP) nicht so viel Krafttraining machen, aber oftmals sind die Stöße dann "spritziger", schneller, was sich beim Grand-Prix Wettkampf in Dubai auch so herausgestellt hat. 

Am 15.03.2016 war dann meine neue Klassifizierung. Ich glaube, niemand geht in eine Klassifizierung ohne Nervosität, vor allem wenn er in einer 30-er Gruppe, in einer Cerebralparesen-Gruppe ist. Denn hier kann immer sehr viel passieren. Amputationen sind eindeutig, Behinderungen im Gehirn lassen - leider - auch "Spielräume". 
Ich bin sehr dankbar, dass ich nun in der Gruppe F36 starten darf, weil es mir mit meiner Behinderung schlechter geht (wie ich im letzten Blog-Post ausführlich erklärt habe) und ein Start weiter in F37 auf Dauer Wahnsinn gewesen wäre! 

Jede Klassifizierung wird erst nach dem Wettkampf "gültig". Da schauen einem die Klassifizierer nochmal zu und wenn sie dann zu dem gleichen Ergebnis wie bei der Klassifizierung selbst kommen, dann hängt später so ein Zettel an der Tafel. Jede Nation hat dann die Möglichkeit, dagegen Protest einzulegen, wenn sie nicht damit einverstanden wären. (Das nur zur Erklärung)

Auch, wenn der Wettkampf in Sharjah vorher war, so will ich mit dem Grand-Prix Wettkampf in Dubai anfangen. Zwei Tage vor dem Grand-Prix Wettkampf hatte ich die Normen für Rio und für die EM erfahren. Davor wusste ich diese noch gar nicht. 


In diesem Jahr vor den Paralympics ist es sehr hart. Wir haben viel zu wenig Startplätze für zu viele Athleten, die  offiziell die Normen erfüllen würden. Deshalb gibt es sehr hohe  Qualifikationsnormen (deutschlandintern), die dann die Athleten "raussieben", die nominiert werden können. Auch für mich ist sie in diesem Jahr eine Herausforderung, die Norm, weil ich - wie schon erwähnt - im Vorfeld doch Rückschläge hinnehmen musste. 

Als ich dann die Norm im Kugelstoßen beim Grand-Prix in Dubai gestoßen hatte, da war ich doch sehr erstaunt und dachte mir, wenn ich das jetzt habe, dann versuche ich noch einen drauf zu legen und hole mir auch die Norm für die EM, die seltsamerweise höher ist. (Wahrscheinlich weil es eine kombinierte Gruppe mit F35/36 ist)
Ja, ich konnte das abhaken, das war schon erhebend nach dieser langen Durststrecke! 

Ich bin sehr, sehr erleichtert, dass ich schon so früh beide Normen holen konnte. Nun ist wichtig, meine Leistung konstant zu steigern. Es war dann noch ein ziemlicher "Hickhack", weil ich mit der falschen Startklasse in der Liste stand, somit die Ergebnisse auch falsch waren. Es dauerte über einen Tag bis das in Ordnung gebracht werden und die Siegerehrung schließlich stattfinden konnte. War aber ein sehr angenehmer Wettkampf mit lieben Sportkollegen und ich hab auch wieder neue nette Athleten kennengelernt, was mich immer sehr freut, weil genau das diesen Sport so reizvoll und reich macht. 

Impressionen Grand-Prix Dubai 2016
So eine Shuttlefahrt, die hat Erinnerungswert ;-)

Der Wettkampf in Sharjah war ebenfalls gut. Was jedoch etwas kontraproduktiv war, dass am gleichen Tag die Klassifizierung in Dubai war, ich bereits um 5.30 Uhr aufstehen musste, damit wir wegen dem Stau rechtzeitig um 10 Uhr in Dubai sein konnten. Das alles zog sich dann extrem lang hin und wir waren erst 20 Minuten vor meiner Callroomzeit wieder in Sharjah, sodass ich doch sehr erschöpft dort ankam. Deshalb war ich mit dem Wettkampfergebnis von 8,99m wirklich sehr zufrieden. 

Sowohl in Sharjah, als auch in Dubai waren es gemischte Klassen: F35/36/37/38, teilweise sogar noch mit den Kleinwüchsigen, und es wurde das Razaa Punktsystem angewandt, sodass es so gut wie unmöglich war, in dieser Konstellation Gold zu holen. Ich war aus diesem Grund mit zwei Mal Silber ausgesprochen zufrieden! (Bei den Paralympics, Welt- und Europameisterschaften gibt es so eine Gruppenzusammensetzung aber nicht!)

Und bei so viel hartem Training und Wettkämpfen, da war es schön, dass es zwischendurch auch mal etwas Freizeit gab. Natürlich nicht sehr viel, aber ein bisschen und es ist schon auch toll, wenn man nicht nur den Sportplatz, das Wettkampfstadion und das Hotel sieht. Ich habe z. B. an einem Tag eine u. a. eine gute Bekannte besucht, die in dem Restaurant arbeitet, wo meine Katze Deira herkommt. Sie freut sich jedes Mal sehr, wenn sie mich sieht. 

Eigentlich war's das. Nach fast drei Wochen Dubai und davor schon der Zeit in Rio bin ich jetzt aber auch froh, dass ich eine Weile Zuhause sein kann. Was ich noch ziemlich toll fand war, dass wir von unserem Hotel so stilvoll mit arabischem Kaffee und vom Hotelmanager verabschiedet wurden, weil wir mittlerweile schon (in unterschiedlicher Zusammensetzung) im fünften Jahr in seinem Hause sind. Tolle Geste.